Schallstädter Rotoren-Werke

Themenseite: Elektrische Belastbarkeit eines Windrads

1. Maximalleistung und Belastbarkeit:


Wie lässt sich abschätzen, welche elektrische Leistung ein bestimmtes, in seiner Konstruktion nicht variiertes Windrad bringen kann?
Klar ist: Je stärker der Wind bläst, umso schneller dreht sich der Repeller, und mit ihm der Generator. Und: Je schneller sich der Generator dreht, umso mehr elektrische Leistung kann dem Windrad entnommen werden (vorausgesetzt, die elektrische Last ist optimiert). Bekannt ist, dass die Leistung des Windes zur dritten Potenz der Windgeschwindigkeit proportional ist. Gleiches gilt auch, wenn man nur den nutzbaren Anteil der Windenergie betrachtet. Da die maximal auftretende Windgeschwindigkeit nicht nach oben begrenzt ist, ist auch die maximale elektrische Leistung, die einem Windrad entnommen werden kann, zunächst nicht begrenzt.

Üblich sind Leistungsangaben, die auf eine bestimmte Windgeschwindigkeit (Auslegungs- oder Nenn- Windgeschwindigkeit) bezogen sind. Dies macht Windräder gegenseitig vergleichbarer, beantwortet aber nicht die Frage der Maximalleistung des einzelnen Windrads.

Die Frage nach der Maximalleistung entspricht vielmehr der Frage nach der maximalen Belastbarkeit des Windrades. Welchem Wind hält das Windrad gerade noch stand (während es seine Funktion noch erfüllt)?
Hierbei lassen sich mechanische und elektrische Belastbarkeit unterscheiden:
  • mechanische Belastbarkeit: 
    • Hier geht es darum, ab welcher Windstärke das Windrad durch den Wind mechanischen Schaden nimmt, ab wann es einem also "um die Ohren fliegt". Hierzu gehören die Aspekte
      • Winddruck (z.B. ab welchem Wind knickt der Mast; ab wann bricht der Flügel ab; ...)
      • Fliehkräfte (z.B. ab wann löst sich der Flügel vom Schaft; ab wann lösen sich die Magnete aus der Rotorscheibe; ...)
      • Unwuchten (z.B. ab wann führen Unwuchten zu Lagerschäden oder zum Abbrechen von Bauteilen)
      Auf die Grenzen der mechanischen Belastbarkeit wird hier nicht näher eingegangen.
  • elektrische Belastbarkeit: 
    • Hier geht es darum, ab welcher Windstärke und ab welcher elektrischen Leistung eine Beschädigung der elektrischen Seite auftritt. Hierzu gehören
      • die Wärmeentwicklung in Statorwicklungen (d.h. ab wann brennt im Stator ein Draht bzw. eine Isolierung durch)
      • die elektrische Belastbarkeit der externen Bauteile (Zuleitungen; Gleichrichter; weitere Einrichtung zur Leistungsentnahme).
      Im folgenden wird die elektrische Belastbarkeit am Beispiel des Windrads "Luxus" abgeschätzt.

2. Thermische Belastung des Generators bei Stromentnahme:

Als kennzeichnende Größen für den Generator werden Q = Verhältnis von UL (= Leerlaufspannung in Volt) zu Drehzahl in 1/s und Ri (= wirksamer Innenwiderstand der Statorwicklungen in Ohm) angegeben und als konstant angenommen.
(Anmerkungen:  1. Ein kleiner Fehler der Proportionalität von Spannung und Drehzahl entsteht durch den Spannungsabfall im Gleichrichter. 2. Der Innenwiderstand bei 3-phasiger Wechselspannung entspricht dem in Ruhe gemessenen ohmschen Widerstand von zwei in Reihe geschalteten Statorwindungen. 3. Durch Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstands im Kupferdraht der Statorwindungen steigt der Innenwiderstand unter Last geringfügig.)
Wird dem Generator elektrische Leistung entnommen, fließt ein Strom I durch Statorwicklungen und Verbraucher.
Der Spannungsabfall innerhalb des Stators US berechnet sich aus Ri mal I.
Die dem Verbraucher anliegende Ausgangsspannung U ist UL minus US. Beim Entnahmestrom I berechnet sie sich folglich aus UL minus (Ri mal I).
Die im Stator in Wärme umgesetzte Verlustleistung PV berechnet sich als Produkt von Strom und Spannung: PV = I mal US, oder I2 mal Ri.
Die im Verbraucher umgesetzte Nutzleistung PN berechnet sich analog mit I mal U.
Die mechanische Last, die die bremsende Wirkung des Generators auf den Repeller bedingt, entspricht PN + PV. Der Wirkungsgrad (Verhältnis nutzbarer zu produzierter elektrische Leistung) beträgt PN / (PN + PV).

Die folgenden Diagramme (Abb. 1 bis 5) zeigen Ausgangsspannung, Nutz-, Verlust- und Gesamtleistung sowie den Wirkungsgrad unter Variation der Drehzahl des Generators und des elektrischen Verbraucherwiderstandes RN.
Jede Linie entspricht einer bestimmten Drehzahl (unterste, weiße Linie: 1/s; oberste, violette Linie: 16/s). X-Achse: Verbraucherwiderstand RN.

Abb. 1: Ausgangsspannung
Abb. 1
Abb. 1 zeigt in getrennten Linien für verschiedene Drehzahlen die resultierende Ausgangsspannung bei variiertem Lastwiderstand. Die bei hohem Widerstand asymptotisch angestrebte Spannung ist die Leerlaufspannung, die proportional zur Drehzahl ist (gleichmäßiger Linienabstand).
Die Werte wurden bei einem Innenwiderstand von 50 Ohm gewonnen. Theoretisch ist dieses Diagramm universell, wenn man die X-Einheiten als Vielfache des Innenwiderstands und die Y-Einheiten als Vielfache von Q (= UL pro Drehzahl) skaliert.
Abb. 2: Nutzleistung Abb. 3: Verlustleistung (= Statorwärme)
Abb. 2
Abb. 3
Abb. 4: Gesamtleistung Abb. 5: Wirkungsgrad
Abb. 4
Abb. 5
Abb. 6: Mindestwiderstand je nach Drehzahl
Abb. 6
Abb.6 veranschaulicht, wie groß der Widerstand des angeschlossenen Verbrauchers mindestens sein muss, um eine Verlustleistung im Stator von 100 Watt nicht zu überschreiten.
Dies wird als grober Richtwert für die maximale Leistungsentnahme gedacht. Im Diagramm ist der Mindestwiderstand in Abhängigkeit von der Generatordrehzahl (in Umdrehungen pro Sekunde) aufgetragen.

Dies bedeutet im Bereich der Belastbarkeitsgrenze bei extrem starkem Wind: Je stärker der Wind bläst, und je höher infolge dessen die Leerlaufspannung ist, umso größer muss der Lastwiderstand sein.
Auch die Formel für die Verlustleistung PV = I2 mal Ri zeigt, dass bei bekannter maximaler Verlustleistung und festem Innenwiderstand ein bestimmter maximaler Strom nicht überschritten werden darf, der unabhängig von der Drehzahl ist. Bei 100 Watt maximaler Verlustleistung und 50 Ohm Innenwiderstand sind dies etwa 1,4 Ampere. Dabei ist bei Wind- und Drehzahlzunahme immer noch eine (nur noch lineare, aber theoretisch unbegrenzte) Steigerung der entnommenen elektrischen Leistung möglich.
3. Schlussfolgerungen für die Leistungsoptimierung und Verlustleistungsbegrenzung:

Die Betrachtungen zur Begrenzung der maximalen inneren Verlustleistung helfen, den Starkwindbereich so gut wie möglich zur Energiegewinnung zu nutzen, ohne dabei den Stator thermisch zu überlasten. Außer Betracht geblieben ist dabei noch die kühlende Wirkung des Windes: Bei stärkerem Wind darf auch die thermische Verlustleistung höher sein, da auch die Wärmeabfuhr steigt. Wenn man eine Wärmeabfuhr proportional zur Windgeschwindigkeit unterstellt, dann dürfte der maximale Lastwiderstand theoretisch langsamer ansteigen als in Abb. 6 dargestellt (nämlich nach einer Wurzelfunktion).
Bei Windstärken, bei denen der Generator noch nicht vor Überlastung geschützt werden muss, gilt zur Optimierung der Repellerleistung der umgekehrte Zusammenhang zwischen Drehzahl und Lastwiderstand: Während die Engergie, die der Repeller dem Wind entnehmen kann, mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit steigt, steigt die dem Generator entnehmbare Energie bei konstantem Lastwiderstand nur mit dem Quadrat der Drehzahl. Daher ist in diesem Bereich (der den allergrößten Teil der Zeit ausmacht) der Lastwiderstand am besten umgekehrt proportional zur Drehzahl (bzw. zur Windgeschwindigkeit) zu halten; damit würde die entnommene Leistung auch mit der dritten Potenz der Windstärke zunehmen.

Zusammenfassend geschieht die Regelung der elektrischen Last also in mehreren Stufen:
Stufe 1: Eine optimierende Widerstandsanpassung im unteren und mittleren Windbereich, wobei mit zunehmendem Wind der Lastwiderstand gesenkt wird. Der Repeller wird dabei idealerweise am Punkt seiner größten Effizienz (konstante, optimale Schnelllaufzahl) gehalten. Dies wird an anderer Stelle noch ausführlicher dargelegt.
Stufe 2: Wie oben ausgeführt, ist dies eine verlustleistungsbegrenzende Widerstandsanpassung im oberen Windbereich, bei der mit zunehmendem Wind der Lastwiderstand erhöht wird. Hierbei wird der Repeller zunehmend unterfordert, dreht also mit höherer Schnelllaufzahl als ideal, nutzt aber den Starkwind noch zur Gewinnung elektrischer Energie. Die Widerstandsanpassung folgt hier dem Ausmaß der thermischen Verluste im Generator, dessen Überhitzung dadurch vermieden werden soll.
Stufe 3: Als dritter Bereich ist hier noch die Sturmsicherung zu nennen, die das Windrad bei noch stärkerem Wind (Sturm) vor mechanischer Überlastung und Beschädigung schützen soll. Falls diese Sturmsicherung mittels einer "Stall-Regelung" realisiert wird, bedeutet dies, dass bei Extremwind der Repeller weit in die Überforderung gebracht und hierdurch abgebremst wird. Dies geschieht, indem man wiederum der Lastwiderstand stark senkt; ein kurzzeitiger Verlustleistungspeak muss dabei in Kauf genommen und vom Stator noch thermisch toleriert werden. Der Übergang von Stufe 2 (Begrenzung der Statorerwärmung) zu Stufe 3 (Sturmsicherung) ergibt sich allein aus den mechanischen, nicht aus den elektrischen Gegebenheiten der Anlage. Hier findet keine Energiegewinnung mehr statt.



Letztes Update: 15.01.2009    W